Der Schwarm als Faktenchecker: Community Notes zwischen kollektiver Intelligenz und politischem Lagerkampf
Michael Schmidt, Franziska Martini, Maik Fielitz & Christian Donner
Community Notes werden von US-amerikanischen Tech-Unternehmen als adäquates MIttel gepriesen, um schädliche und irreführende Inhalte auf digitalen Plattformen zu bändigen. Dabei ist bisher wenig bekannt, wie dieses System in der Praxis funktioniert und inwiefern es tatsächlich wirksam gegen Des- und Misinformation sein kann. Diese Fokus-Analyse untersucht die Nutzung von Community Notes im deutschsprachigen Bereich. Hierzu wurden 35.508 solcher Anmerkungen ausgewertet, von denen seit 2021 2.228 veröffentlicht wurden. Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass die meisten veröffentlichten Community Notes zwar auf Basis von Fakten argumentieren und auf seriöse Quellen bauen, aber nur spärlich, spät und selektiv veröffentlicht werden. Zudem fehlt es an Anreizen, bei dem Programm mitzumachen, und es gibt nur peripher den Anspruch, Desinformation Einhalt zu gebieten.
Der Kampf gegen Desinformation steckt in einer chronischen Krise. Nicht nur ist es schwer, sich in Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft auf ein grundlegendes Verständnis des Phänomens zu einigen.1 Auch zeigen Studien, dass verschiedene Maßnahmen gegen Desinformation (im weitesten Sinne) kaum eine lindernde Wirkung versprechen.2 Faktenchecks, Inhaltsmoderation und Gegenrede kommen an ihre Grenzen, wenn es darum geht, Informationen richtig zu stellen, zu kontextualisieren oder deren Reichweite zu begrenzen. Initiativen zur Bekämpfung von Desinformation sind daher stets auch politisch umstritten, insbesondere weil Fragen von Informationsgewinnung, Meinungsformierung und Identitätsbildung sich vermischen.3
Der politische Streit um Wahrheit birgt Sprengstoff für tiefgreifende Konflikte, die sich aus dem Digitalen nicht nur in gesellschaftliche Debatten rund um Meinungsfreiheit und »Cancel Culture« übertragen, sondern auch in Misstrauen und zunehmenden Lagerkampf.4 Während Plattformen wie Facebook, Twitter und YouTube sich in der Vergangenheit ausgedehnte Regelkataloge für den Umgang mit Hass und Desinformation auferlegten,5 beschränkten die Plattform-CEOs ihre Anstrengungen mit der zweiten Amtszeit von Präsident Donald Trump auf ein Minimum. Anfang des Jahres verkündete beispielsweise Mark Zuckerberg, er werde das Fact-Checking auf seinen Plattformen abschaffen und dafür auf Community Notes setzen: ergänzende Informationen, die neben einem Posting veröffentlicht werden und Kontext zu den Inhalten bereitstellen sollen.6
Die Idee hinter Community Notes ist, dass die NutzerInnen einer Plattform nach bestem Wissen und Gewissen Inhalte auf ihre Richtigkeit prüfen und so effektiver zum Abbau von Befangenheit in der Moderation oder der Prüfung von Fakten beitragen sollen.7 Sie wurden 2021 zum ersten Mal auf der Plattform Twitter getestet, ursprünglich unter dem Namen »Birdwatch«. Das Prinzip dahinter war, ein Abstimmungssystem zu etablieren, das eine manipulative Nutzung zu politischen Zwecken unmöglich machen sollte.8 Mit der Übernahme der Plattform durch Elon Musk 2023 weitete dieser das Programm zu einer Alternative zum Fact-Checking aus. Community Notes sollten eine Ergänzung zur Moderation und eine kollaborative Form der Richtigstellung von Falschinformationen sein.9
Mit der Ankündigung Zuckerbergs im Januar 2025, dieses Modell übernehmen zu wollen, und der Umsetzung von Testläufen mit ähnlichen Mechanismen auf YouTube10 und TikTok11 verstetigte sich der Trend von einer Professionalisierung hin zu einer Amateurisierung12 bei der Moderierung von Plattforminhalten – mit Konsequenzen für den Umgang mit Mis- und Desinformation. Ob mit dieser Methode systemische Risiken durch Desinformation im Sinne des Digital Services Act vermindert werden, prüft beispielsweise die Europäische Kommission aktuell.13 Um zu verstehen, ob und inwiefern Community Notes ein probates Mittel gegen Desinformation sein können, muss allerdings zunächst bestimmt werden, wie sie funktionieren, wie sie sich über die Zeit entwickelt haben und welche Inhalte und Akteure wie betroffen sind.

Schritte der Datenerhebung und -verarbeitung für die Auswertungen in der vorliegenden Untersuchung.
Studien zu englischsprachigen Community Notes heben hervor, dass sie das Vertrauen in Inhaltsprüfungen stärken14 und zur Reduktion von Falschinformationen beitragen könnten.15 Was bisher weit weniger im Fokus stand, ist, wen sie konkret betreffen, wann und warum sie veröffentlicht werden und welche Themen in einem konkreten regionalen Kontext verhandelt werden.16 Mit dieser Studie untersuchen wir auf Basis aller Community Notes seit 2021, ob und inwiefern sie im deutschsprachigen Kontext als Instrumente gegen irreführende Inhalte bzw. Desinformation taugen.17 Wie (gut) funktioniert also das System Community Notes? Wo findet es Anwendung? Wie wird es angenommen? Hierzu werteten wir 35.508 deutschsprachige Community Notes aus, von denen 2.228 veröffentlicht wurden.18
Das Backend der Community Notes
»Nicht X entscheidet, was angezeigt wird, sondern die Mitwirkenden.«19 So verspricht es das Community-Note-Programm seinen Beitragenden. Die Idee klingt zunächst überzeugend: X-NutzerInnen können Notizen zu Posts verfassen, die zusätzliche Informationen, Kontext oder Korrekturen liefern, um den Austausch auf der Plattform konstruktiver zu gestalten. Andere NutzerInnen bewerten wiederum diese Notizen danach, ob sie hilfreich sind, und ein Algorithmus sorgt dafür, dass nur jene veröffentlicht werden, die von Menschen mit unterschiedlichen Ansichten als hilfreich bewertet wurden. Ursprünglich startete Twitter 2021 ein Programm mit wenigen tausend Freiwilligen, um Inhalte auf ihre Korrektheit zu prüfen, ihnen Kontext zu geben und so zur Depolarisierung von Debatten beizutragen. Ziel war es, kollaborativ Wissen zu generieren, das zur besseren Informiertheit auf der Plattform beitrage.20 Mittlerweile können sich X-NutzerInnen vorbehaltlich weniger Bedingungen für das Programm anmelden, nach einer Überprüfung über Community Notes abstimmen und später auch selbst welche verfassen.

Visualisierung des Verfahrens zur Veröffentlichung von Community Notes.
Der Zeitpunkt der Einführung von Community Notes war nicht zufällig gewählt. Die Corona-Pandemie und die polarisierten Debatten hatten nachhaltig negative Auswirkungen auf das Vertrauen der BürgerInnen in Informationen und Institutionen.21 Zugleich wurden über digitale Plattformen massenhaft Falschinformationen verbreitet, gegen die die BetreiberInnen zum Teil restriktiv vorgingen. Das Richtigstellen von Informationen entwickelte sich sodann zu einem Triggerpunkt. Da, wo Fact-Checking als Methode der Eindämmung von Falschinformation von den Plattformen integriert wurde – beispielsweise anhand von Hinweiskästen und Content-Warnings –,22 kam es zunehmend zur Kritik, es solle eine bestimmte Sicht auf die Dinge vorgeschrieben werden.23
Mitunter im rechtskonservativen Spektrum standen Factchecking-Akteure in der Kritik, dass sie durch ein zu linkes Framing von Informationen verzerrend in den öffentlichen Diskurs eingreifen würden.24 Ein Grund dafür mag auch die übermäßig häufige Betroffenheit von konservativen und rechtspopulistischen Akteuren durch Fact-Checks sein.25 Mit der Aussicht auf eine zweite Amtszeit Trumps wurde deutlich, dass Plattformen ihre Richtlinien mit Bezug auf das Prüfen von polarisierenden Inhalten und Accounts nach und nach zurückzogen.26 Die Ursprünge des Community-Notes-Gedanken sind daher auch darauf zurückzuführen, einen Modus zu entwickeln, um Informationskontrolle partizipativer zu gestalten. Hierbei stand weniger das Debunking von Falschinformationen im Fokus, sondern das Prinzip, Wissen zu erweitern und zu kontextualisieren. Das System Community Notes steht – nach außen hin zumindest – für die Einbeziehung verschiedener Gruppen, für transparente Veröffentlichungskriterien und für eine schnelle Umsetzung korrektiver Maßnahmen.

Wegmarken der Entstehung und Evolution von Community Notes.
Nach der Übernahme von Twitter – schon bald X – skalierte Musk die Funktion der Community Notes zu einem Masseninstrument und ersetzte damit zunehmend die plattformeigene Moderation von Inhalten.27 Zugleich äußerte er sich wiederholt unzufrieden über das Funktionieren dieses Tools, insbesondere wenn die Notes ihn selbst betrafen.28 Wurden zu den Höchstzeiten im Januar 2025 global knapp 120.000 Community Notes verfasst, so waren es im Juni desselben Jahres nur noch gut die Hälfte. Angesichts von rund 500 Millionen Posts pro Tag ist dies kein besonders hoher Wert.29 Die Zeitreihe zeigt, dass wir es mit einer abnehmenden Tendenz beim Verfassen von Community Notes zu tun haben.
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Die absolute Zahl aller geschriebenen Community Notes und die darin enthaltene Zahl der deutschsprachigen Anmerkungen (Erklärung hier).
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Mit Community Notes versehene deutschsprachige Posts, sowie Posts mit veröffentlichten Community Notes und deren Prozentsatz (Erklärung hier).
Deutschsprachige Community Notes machen durchschnittlich ein bis zwei Prozent am Gesamtaufkommen aus. Mit im Durchschnitt gerade einmal einer veröffentlichten deutschsprachigen Community Note pro Tag im Mai 2025 kann dieses System der freien Selbstkontrolle im deutschsprachigen Kontext kaum als Masseninstrument gelten. Gleichwohl unterliegt es großen Schwankungen in seiner Nutzung. So erhielten während der politisch kontroversen Debatten rund um die sogenannte Brandmauer im Kontext der Bundestagswahl (Januar 2025) über 1.400 Posts ein oder mehrere Community Notes; hingegen pendelte sich jüngst der Stand bei unter 600 beanstandeten Posts pro Monat ein. Die prozentuale Zahl der Community Notes, die letztlich auch veröffentlicht wurden, veränderte sich dabei stark. Die folgenden Beispiele zeigen Community Notes, wie sie aus Sicht der TeilnehmerInnen am Programm zu sehen sind.30
Ob eine Community Note verfasst wird, hängt einerseits davon ab, ob NutzerInnen der Plattform einen bestimmten Post zur Prüfung vorschlagen oder registrierte NutzerInnen selbst einen Check initiieren. Im ersten Fall lässt sich nachvollziehen, dass durchschnittlich ungefähr ein Zehntel der angeforderten Community Notes dann auch tatsächlich verfasst werden. Damit eine Community Note veröffentlicht wird, müssen verschiedene Gruppen diese hilfreich finden und zahlreich darüber abstimmen.31 In den Daten zeigt sich, dass durchschnittlich nur gut sechs Prozent (2.228) der abgegebenen deutschsprachigen Community Notes (35.508) veröffentlicht wurden. Alle anderen bleiben nur für jene sichtbar, die sich im Community-Notes-Programm angemeldet haben.
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Global angeforderte, verfasste und veröffentlichte Community Notes (Erklärung hier).
Die Kunst des Community Notings
Community Notes sind in der Funktionsweise komplex, unterliegen Konjunkturen und sind in der Außenwahrnehmung umstritten. Ihr Anspruch ist nicht – wie im Falle professioneller Faktenchecks –, entlang fixer Regeln und abgestimmter Verfahren zu arbeiten.32 Vielmehr entwickeln die TeilnehmerInnen eigene Stile beim Verfassen der Community Notes und legen Maßstäbe von Wahrheit nach ihren eigenen Kriterien an. Stilistisch gilt es, sich kurz und neutral zu einer Aussage in einem Post zu verhalten und sie mit Sachverstand und Quellen zu widerlegen oder zu kontextualisieren. Um aktiv Community Notes schreiben zu dürfen, müssen NutzerInnen jedoch zunächst eine bestimmte Anzahl an Bewertungen für Community Notes abgegeben haben, die sich später als hilfreich herausstellen. Dieser relativ langfristige Prozess, von der Anmeldung bis hin zum aktiven Schreiben, soll Manipulationen und koordinierte Kampagnen verhindern.
Möchte ein User einen Post beanstanden, muss zunächst ausgewählt werden, wogegen der Post verstößt. Die Auswahl reicht von fehlendem Kontext, faktischen Fehlern und ungeprüften Behauptungen bis hin zu überholten Informationsständen, manipulierten Medien und (missverständliche bzw. ungekennzeichnete) Satire. Am häufigsten werden Posts markiert und berichtigt, denen (vermeintlich) wichtiger Kontext fehlt, gefolgt von solchen mit (vermeintlich) faktischen Fehlern. Der Anteil der veröffentlichten Community Notes ist wiederum am höchsten bei manipulierten Medien33 (18,3 Prozent) und am niedrigsten bei unbestätigten Tatsachenbehauptungen (7,1 Prozent).
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Gründe für die Beanstandung eines Posts aus Sicht des Community Noters und Wahrscheinlichkeit der Veröffentlichung der Community Note (Erklärung hier).
Die Auswertung der Community Notes zeigt, dass die NutzerInnen ihre Richtigstellungen und Aussagen in der Regel mit Quellen belegen. In mehr als einem Viertel der Anmerkungen (28 Prozent) wird sogar mehr als eine Quelle verlinkt, in nur zwei Prozent der Fälle wird keine Quelle genannt. Am häufigsten verwendet werden – bei 61 Prozent der Fälle – Quellen aus dem Bereich Nachrichten und Medien, also journalistische Angebote. Danach folgen Social-Media-Quellen (23 Prozent), mit X selbst an der Spitze, und Verweise auf Behörden, Verwaltung und internationale Institutionen (20 Prozent). In absoluten Zahlen der einzelnen Domains liegt Wikipedia auf dem ersten Platz, gefolgt von X selbst und dem Account der Tagesschau. Auch Faktencheck-Organisationen spielen eine Rolle. So liegt Correctiv auf Platz 14 der am häufigsten verlinkten Seiten. Insgesamt ist der Anteil an Community Notes, die auf eine Faktencheck-Organisation verweisen, mit etwa zwei Prozent dennoch gering.
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Quellen in Community Notes, gruppiert nach Bereichen, in relativen Zahlen (Erklärung hier).
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Auflistung der zehn populärsten Quellen in Community Notes in absoluten Zahlen.
Dass Wikipedia die mit Abstand am häufigsten verlinkte Seite in den Community Notes ist, ist auch X-Chef Musk nicht verborgen geblieben – und das nicht gerade zu seiner Freude. Im August dieses Jahres forderte Wikipedia-Mitbegründer Larry Sanger, der bekannterweise der Online-Enzyklopädie Einseitigkeit und einen ideologisch linken Bias vorwirft,34 Musk auf X auf, NutzerInnen darüber abstimmen zu lassen, ob Wikipedia als Quelle in Community Notes verboten werden sollte.35 Musk stimmte daraufhin Sanger zu, dass die Seite nicht als Quelle verwendet werden sollte.
Ein Kontrollmechanismus, der für die Qualität der veröffentlichten Community Notes sorgen soll, ist die schon genannte kollektive Bewertung von Community Notes. Dieses Verfahren der Bewertung führt dazu, dass Community Notes in der Regel erst deutlich später als die beanstandeten Posts veröffentlicht und für alle Plattform-NutzerInnen sichtbar werden. Wie die Abbildung unten zeigt, vergehen oft viele Stunden, bis eine Anmerkung den Status »hilfreich« erreicht. Nur jede vierte hilfreiche Community Note wird innerhalb der ersten elf Stunden seit Veröffentlichung des betroffenen Posts sichtbar; 50 Prozent brauchen mehr als 19 Stunden, bis sie die benötigte Einschätzung als hilfreich bekommen. Zum Vergleich: Schätzungen gehen davon aus, dass Posts bereits innerhalb der ersten 80 Minuten die Hälfte ihrer Impressions erzielen. Die Anzahl an Posts, die nach 24 Stunden noch nicht den größten Teil ihrer Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben, ist mit weniger als fünf Prozent vernachlässigbar.36
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Zeitlicher Abstand zwischen der Erstellung eines deutschsprachigen Posts und der öffentlichen Anzeige einer hilfreichen Community Note in Stunden.
Es zeigt sich aber auch: Ein erheblicher Teil der geschriebenen Community Notes auf X wird gar nicht erst der Öffentlichkeit angezeigt. Um die Gründe hierfür zu beleuchten, haben wir eine Teilmenge der Community Notes einer statistischen Auswertung unterzogen. Zunächst einmal zeigte sich, dass der zeitliche Abstand zwischen der Veröffentlichung des Posts und dem Erstellen einer Community Note eine entscheidende Rolle dafür spielt, wie viele Stimmen eine Community Note erhält. Gleiches gilt für die Viralität des adressierten Tweets und die Anzahl der FollowerInnen der Post-AutorInnen. Diese Faktoren beeinflussen, wie häufig potentielle Abstimmende die zu bewertende Community Note überhaupt erst zu Gesicht bekommen.
Die Anzahl der abgegebenen Stimmen hat wiederum einen signifikanten Einfluss darauf, ob eine Community Note überhaupt angezeigt werden kann, denn viele Community Notes erhalten dafür zu wenige Stimmen. 4,8 Prozent der untersuchten Community Notes haben sogar keine einzige Stimme erhalten. Gleichwohl ist eine große Zahl zustimmender Bewertungen keine Garantie dafür, dass eine Community Note angezeigt wird, denn es müssen NutzerInnen mit verschiedenen Perspektiven ihre Zustimmung geben.
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Verteilung der Anzahl der Bewertungen (als hilfreich, etwas hilfreich oder nicht hilfreich) je Anzahl an Community Notes (Erklärung hier).
Akteure und Themen der Community Notes
Teil unserer Analyse war es zudem, genauer zu untersuchen, wessen Posts mit Community Notes versehen wurden und zu welchen Themen besonders viele Anmerkungen verfasst bzw. veröffentlicht wurden.37 Untersucht haben wir jene Accounts, die zehn oder mehr Posts verfasst haben, welche mit einer Community Note (veröffentlichte wie unveröffentlichte) versehen wurden. Von diesen Accounts stammen mehr als 60 Prozent der Posts, über die diskutiert wurden. Dabei zeigt unsere Auswertung hinsichtlich Akteurstypen, dass unter diesen X-Accounts jene den größten Anteil ausmachen, die aus dem Bereich Medien und Journalismus kommen – mit ca. 29 Prozent. Die zweitgrößte Gruppe machen mit ca. 27 Prozent politische Akteure aus, also vor allem PolitikerInnen und Mitglieder der Regierung. Kurz darauf folgen mit 24 Prozent Accounts, die sich der Gruppe von BürgerInnen ohne erkennbare Merkmale wie ein politisches Mandat oder eine entsprechende Affiliation zuordnen lassen.
Deutlich seltener sind unter den Accounts mit den meisten kommentierten Posts Akteure aus den Bereichen Recht und Sicherheit (z.B. Polizei), Wirtschaft (z.B. Unternehmen), zivilgesellschaftliche Akteure (z.B. NGOs oder politische Organisationen), Forschung und Fachwissen sowie kulturelle Einrichtungen bzw. KünstlerInnen. Sie machen jeweils nur zwischen ein und sieben Prozent der Accounts aus.
Es fällt auf, dass fast alle Accounts, die mehrfach Community Notes bekommen haben, auch eine überdurchschnittlich hohe Anzahl an FollowerInnen aufweisen (durchschnittlich 159.550). Die große Sichtbarkeit der Inhalte dieser Accounts dürfte eine Rolle dabei spielen, dass sich zum einen die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass eine Person, die bei Community Notes mitwirkt, damit in Kontakt kommt und eine Community Note verfasst. Zum anderen erhöht aber vermutlich die große Sichtbarkeit der Inhalte auch die Motivation, wahrgenommene Desinformationen zu korrigieren beziehungsweise mit Kontext zu versehen.
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Anteile von Akteurstypen, deren Posts häufig mit einer Community Note versehen wurden (Erklärung hier).
Dass vor der Richtigstellung einer (vermutlichen) Desinformation auch ihre gesellschaftliche Relevanz herangezogen wird, ist aus dem Fact-Checking bekannt.38 Allein aufgrund der schier unüberschaubaren Menge neuer Inhalte, die jede Minute, ja sekündlich in sozialen Netzwerken veröffentlicht werden, wäre es unmöglich, sämtliche Informationen zu überprüfen. Der Fokus auf besonders reichweitenstarke Akteure, deren Inhalte viele NutzerInnen erreichen, liegt also nahe. Trotzdem zeichnen sich hier Grenzen des Verfahrens der Community Notes ab: Auch die Verlagerung der Prüfung von wenigen professionellen Fact-Checkern hin zu einem Verfahren mit einer größeren Beteiligung von Laien hat offenbar nicht dazu geführt, dass auch die weniger prominenten Nischen der Plattform erreicht werden.
Interessant ist es dennoch, dass insbesondere Posts von Accounts aus dem Bereich Medien und Journalismus – also Akteure der Informationsvermittlung – oft mit Community Notes versehen werden. Ein genauerer Blick in diese Gruppe zeigt, dass fast die Hälfte dieser Gruppe einzelne JournalistInnen sind. Etwa ein weiteres Viertel sind Akteure, die sich der Gruppe Blogger/Vlogger und Podcaster zuordnen lassen. Unter den häufig in Community Notes erwähnten Accounts finden sich deutlich seltener öffentlich-rechtliche Medien sowie traditionelle Angebote aus Rundfunk und Print (ca. 18 Prozent). Die Community Notes konzentrieren sich im Bereich Medien auf einige wenige Akteure. Tagesschau, ZDFheute und Der Spiegel sind neben den Accounts von Julian Reichelt und seinem Online-Portal Nius die medialen Accounts mit den meisten annotierten Posts.
Bei den politischen Akteuren führen Markus Söder (CSU), Alice Weidel (AfD), Ruprecht Polenz (CDU), Karl Lauterbach (SPD) und Hubert Aiwanger (Freie Wähler) die Spitze der Accounts mit den jeweils meisten Posts, für welche Community Notes geschrieben wurden, an. Sieht man sich hingegen nur jene Community Notes an, die auch veröffentlicht wurden, ändert sich das Bild etwas: Die politischen Akteure mit den meisten veröffentlichten Community Notes sind Markus Söder (CSU) mit 30, Fabio De Masi (BSW) mit 13, der Account der CSU mit zwölf, Ralf Stegner (SPD) mit zwölf sowie Arno Gottschalk (SPD) mit zehn veröffentlichten Community Notes.
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Die Top-10 der X-Accounts, welche am häufigsten durch Community Notes adressiert wurden, sortiert jeweils nach Anzahl von annotierten Posts, der Gesamtzahl an Notes und der Anzahl hilfreicher Anmerkungen (Erklärung hier).
In einem weiteren Analyse-Schritt haben wir uns zudem angesehen, inwiefern die häufig mit einer Community Note versehenen Accounts eine Parteizugehörigkeit bzw. ideologische Ausrichtung aufweisen. Klar hervor treten hier mit 27 Prozent Akteure, die sich nationalistischen Parteien und deren Ideologien zuordnen lassen (darunter vor allem mediale und politische Akteure sowie BürgerInnen). Bei etwa jedem fünften Account ist keine eindeutige parteipolitische bzw. ideologische Zuordnung erkennbar, meist weil sie sich mit unterschiedlichen Standpunkten zu verschiedenen Themen äußern und von selbst keine Parteizugehörigkeit oder -präferenz preisgeben (darunter vor allem mediale Akteure sowie BürgerInnen). Auch verfolgen etwa zehn Prozent der Accounts keine politische Agenda, etwa weil sie sich gar nicht politisch äußern oder einer neutralen Berichterstattung verpflichtet sind (z.B. öffentlich-rechtliche Medien). Ökologische, sozialistische/linke und Ein-Themen-Akteure39 liegen mit neun bis zehn Prozent im Mittelfeld.
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Parteipolitische bzw. -ideologische Ausrichtung der X-Accounts, die häufig mit Community Notes versehen werden (Erklärung hier).
Die Aufstellung zeigt, dass Akteure aus dem rechten bis rechtsextremen Spektrum besonders häufig von Community Notes betroffen sind. Allerdings lässt sich aus diesen absoluten Zahlen noch keine Aussage darüber ableiten, welche ideologischen Fraktionen auf der Plattform mit welcher Wahrscheinlichkeit von Community Notes adressiert werden, weil wir die Grundgesamtheit der jeweiligen Gruppen nicht kennen. Nach dem sogenannten X-odus vieler linker und liberaler Accounts von der Plattform liegt nahe, dass auf X weit weniger Inhalte aus diesen Milieus gepostet, verbreitet und daher auch gecheckt werden. Zugleich ließe sich dann auch vermuten, dass heterogene Kräfte die Inhalte aus dem rechtsalternativen Lager hinterfragen bzw. Community Notes als hilfreich bewerten. Genauer lässt sich dieser Zusammenhang bestimmen, indem wir zumindest untersuchen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Community Note zu Posts eines politischen Accounts als hilfreich bewertet wird. Hierbei wird deutlich, dass Community Notes weniger als hilfreich bewertet werden, wenn sie ökologische, liberale und christdemokratische Akteure adressieren. Umgekehrt lässt sich jedoch nicht sagen, dass andere Akteursgruppen signifikant häufiger hilfreiche Community Notes erhalten.
Neben der Frage, wessen Posts häufig mit Community Notes versehen werden, haben wir zudem untersucht, welche Themen diese Posts behandeln.40 In zwölf Prozent der Posts bzw. der dazugehörigen Community Notes geht es um Themen aus dem Bereich Klima und Energie. Dazu zählen Posts zu Klimawandel, Klimaschutz und Klimaaktivismus, Energiepolitik und Verkehrswende oder ähnliches. Danach folgt mit acht Prozent der Posts der Themenbereich Politik in Deutschland, welcher beispielsweise Posts zu einzelnen politischen Ereignissen (Wahlen und Wahlprognosen, Staatsbesuche usw), zu Aussagen und Handlungen von PolitikerInnen oder zu allgemeineren Themen wie Demokratie in Deutschland beinhaltet. Anschließend sind ähnlich oft die Themen Krieg in der Ukraine (sechs Prozent), Krieg in Gaza und Israel (fünf Prozent) sowie (deutsche) Wirtschafts- und Sozialpolitik (fünf Prozent) zu finden. Danach folgen Posts aus den Themenbereichen Kriminalität und Sicherheit sowie Migration mit jeweils etwa vier Prozent. Die Ergebnisse ähneln denen anderer Studien, die die Themen von Community Notes im niederländischen Raum untersucht haben.41 Ähnlich wie bei den Akteuren lässt sich aber auch bei den Themen keine Aussage darüber treffen, ob Posts zu diesen Themen mit höherer Wahrscheinlichkeit (also im Verhältnis zu ihrem Aufkommen) eine Community Note erhalten – oder doch eher generell widerspiegeln, welche Themen auf X besonders viel diskutiert werden.
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Anzahl der Posts mit Community Notes in den identifizierten Themenbereichen.
Die Community hinter den Notes
Die Idee, dass sich Communitys jenseits externer Kontrolle selbst verwalten sollten, um mit problematischen Inhalten umzugehen, knüpft an bekannte Silicon-Valley-Verheißungen an. Diese gehen davon aus, dass eine Gemeinschaft von NutzerInnen am besten funktioniert, wenn sie nicht von außen reguliert wird. Im Falle der Community Notes deutet schon der Name an, dass das gemeinsame Fact-Checking eine Verbindung zwischen den NutzerInnen schaffen soll. Ob das wirklich klappt, ist aber fraglich. Die TeilnehmerInnen des Community-Note-Programms haben aufgrund ihrer Anonymität erstmal keine Chance, dauerhaft mit anderen NutzerInnen in Kontakt zu treten, da es keine etablierten Foren gibt, in denen sich über bestimmte Inhalte ausgetauscht werden kann. Hinzu kommt, dass X die Arbeit der »Community« kaum anerkennt. Zwar können Punkte42 gesammelt werden, wenn Community Notes als hilfreich eingestuft werden. Allerdings gibt es im Vergleich zu anderen Plattformen nur wenige Anreize, sich dauerhaft im Community-Note-Programm zu engagieren.43
Über die Gründe, warum die Noting-Aktivitäten der NutzerInnen seit einiger Zeit stark abnehmen, lässt sich aktuell nur spekulieren. Eine Rolle könnte es spielen, dass sie zunehmend auf Grok, den KI-Chatbot von X, zurückgreifen, in der Absicht, Informationen zu prüfen oder um schnell weitere Informationen zu erhalten. Denkbar ist aber auch, dass der geringe Anteil an Veröffentlichungen im Verhältnis zur Menge verfasster Community Notes – bedingt sowohl durch die allgemeine Bereitschaft über diese abzustimmen, als auch durch den Bridging-Algorithmus44 – die Motivation der Mitwirkenden beeinflusst. Wer (wiederholt) Community Notes schreibt, die es nicht zur Veröffentlichung schaffen, dürfte schnell das Interesse am Programm verlieren.45 Der Anteil der NutzerInnen, der mehr als eine (deutschsprachige) Note geschrieben hat, ist im Zeitverlauf der letzten gut drei Jahre ähnlich (gering) geblieben. Knapp die Hälfte aller AutorInnen in unserem deutschsprachigen Sample hat nur eine einzige Community Note verfasst, während über 50 Prozent von nur sieben Prozent der Teilnehmenden verfasst wurden. Aktuell geht gar die Anzahl neuer TeilnehmerInnen an den Community Notes zurück, während auch die Abbrecherquote steigt, also mehr NutzerInnen aufhören, Community Notes zu verfassen.
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Anzahl der Community-Note-AutorInnen nach Monaten (Erklärung hier).
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Alle Community Notes nach Monat, gestaffelt nach der ersten Community Note einer TeilnehmerIn und darauf folgenden Notes (Erklärung hier).
Ein anderes Modell der kollaborativen Wissensproduktion stellt Wikipedia dar, deren Funktion wiederholt mit dem System der Community Notes verglichen wird.46 Die Grundsätze der beiden Ansätze scheinen auf den ersten Blick eng beieinander zu liegen: unter Verwendung externer Quellen und mit der Expertise einer breit aufgestellten Community neutral formuliertes und faktenbasiertes Wissen bereitstellen. Gleichwohl sind die Prozesse von Community Notes in vielen Bereichen grundsätzlich anders gestaltet. Statt auf Diskurs und Kompromissen beruht die Veröffentlichung von Community Notes auf Abstimmungen. Diskussionen werden nicht nur ersetzt durch Algorithmen, diese sollen darüber hinaus als vermeintlich bessere Schiedsrichter fungieren, indem sie die ideologischen Neigungen der NutzerInnen neutralisieren.
Diskussionen sind im Konzept des Community-Note-Programms nicht vorgesehen. Das führt auch dazu, dass NutzerInnen das Tool selbst dazu verwenden, für andere Programm-TeilnehmerInnen Hinweise zu schreiben oder sie von ihren Ansichten zu überzeugen. Zum Beispiel davon, dass ein Post keine Community Note benötige oder dass die Notes nicht dafür missbraucht werden sollen, Meinungen zu veröffentlichen. Bei Wikipedia sind Diskussionen auf den entsprechenden Diskussionsseiten eines jeden Artikels explizit gewünscht. Hinzu kommt, dass dort alle Bearbeitungen nachvollziehbar sind; frühere Artikel-Versionen sind dauerhaft gespeichert und einsehbar. Darüber hinaus gibt es Mechanismen, die Manipulationen eingrenzen sollen, beispielsweise indem Artikel zu besonders kontroversen Themen für öffentliche Bearbeitungen gesperrt werden oder auch NutzerInnen bei missbräuchlichem Verhalten gesperrt werden können.
Das System von Wikipedia funktioniert über weite Strecken deshalb, weil sich über Zeit Hierarchien zwischen den NutzerInnen herausgebildet haben, in deren Rahmen langjähriges und konstruktives Engagement den Aufstieg zu AdministratorInnen mit erweiterten Rechten ermöglicht. So argumentiert José van Dijck: »the real wisdom of Wikipedia can be found not in its crowds but in its crowd management.«47 Eben jene Hierarchien werden auch kritisiert, etwa weil es neue NutzerInnen oft schwer haben, sich im mittlerweile umfangreichen Regelwerk der Enzyklopädie zurechtzufinden. Gleichzeitig dürften die Hierarchien aber auch einen wesentlichen Teil dazu beitragen, NutzerInnen zu motivieren, sich langfristig bei Wikipedia zu engagieren. Darüber hinaus zeigen weitere Studien, dass sich das langfristige Engagement der Menschen daraus ergibt, dass sie Beziehungen zu anderen Freiwilligen aufbauen und sich über die formelle und informelle Anerkennung freuen, die sie für ihre Beiträge erhalten.48
Community Notes: Ein Mittel gegen Desinformation?
Abschließend kommen wir zu der Frage, inwieweit Community Notes ein Mittel gegen Desinformation sein können. In öffentlichen Statements vermitteln Plattformen wie X den Eindruck, dass Community Notes zur besseren Einordnung von Informationen beitragen.49 Dabei wird davon ausgegangen, dass die verfassten Community Notes stets sachdienlich sind und einen Mehrwert für das Verständnis von Informationen bieten.50 Dass viele allerdings nicht annähernd in die Richtung eines Faktenchecks oder einer Kontextualisierung gehen, wird schnell deutlich, wenn Community Notes mit Blick auf ihre Zweckmäßigkeit bewertet werden. Nur 1.066 der deutschsprachigen Community Notes wurden als nicht hilfreich eingeordnet. Inwiefern die weiteren 32.214 nicht veröffentlichten Community Notes hingegen potenziell hilfreich sind oder nicht, lässt sich zunächst nicht sagen. Um einschätzen zu können, inwiefern Community Notes überhaupt den Anspruch haben Falschinformation zu widerlegen, haben wir daher eine Stichprobe aus den deutschsprachigen Community Notes gezogen und fünf Idealtypen unterschieden:51

Sofern Community Notes nützlich im Umgang mit fehlerhaften oder irreführenden Informationen sein sollten, müssten sie demnach entweder versuchen, Behauptungen zu widerlegen oder einen wichtigen Kontext hinzuzufügen. Allerdings fällt in unserer Untersuchung auf, dass eine Mehrheit der Community Notes gar nicht dem Anspruch standhält, Aussagen richtigzustellen, sondern am häufigsten Community Notes selbst kommentieren und auf deren eigentliche Funktion hinweisen. Diese Housekeeping Notes werden oft mit dem Hinweis NNN (Note Not Needed) versehen und sollen eine vorherige Community Note als überflüssig oder illegitim kennzeichnen.52 Fact Notes und Context Notes kombiniert machen zwar fast die Hälfte aller Post aus (44,4 Prozent). Allerdings steht jenen potenziell hilfreichen Community Notes eine Mehrheit (55,5 Prozent) gegenüber, die nicht nur gegen die eigenen Standards von Community Notes verstoßen; sie haben auch prinzipiell nichts mit der Informationsprüfung zu tun.53
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Anzahl der Note-Typen im untersuchten Sample (Erklärung hier).
Hinzu kommt, dass viele potenziell hilfreiche Fact und Context Notes nicht veröffentlicht werden, weil sie nicht genug oder zu widersprüchlich bewertet werden. Viele kollaborativen Checks versanden intern oder erscheinen zu spät. Dass Community Notes also systemische Risiken wie Desinformation auf digitalen Plattformen im großen Stil minimieren würden, darf im Falle von X also bezweifelt werden: Kontext zu misleading Posts hinzuzufügen, ist weit weniger präsent als man es vermuten würde. Community Notes – in der Form wie sie auf X umgesetzt werden – tragen daher kaum zur nachhaltigen Minimierung von systemischen Risiken bei, wie sie der DSA beschreibt.
Eine andere Frage ist, ob Community Notes zur Minderung von Polarisierungsdynamiken beitragen können. Immerhin ist die Idee hinter dem Bridging-Algorithmus, dass auch die politische Gegenseite eine Community Note als hilfreich bewerten muss; man schafft so eine Grundlage für verschiedene Nutzergruppen, um gemeinsam Informationen zu beurteilen. Insbesondere das rege Kommentieren in den Housekeeping Notes zeigt, dass es einen Bedarf gibt, sich über die Einschätzung von Tatsachen und Behauptungen auszutauschen. Hier liegt durchaus Potenzial für eine deliberative Debattenkultur. So könnte etwa die intrinsische Motivation der Community-Note-TeilnehmerInnen zum Meinungsstreit durch Strukturen gestärkt werden, die Dialog und Diskussion fördern, anstatt ausschließlich auf eine algorithmische Lösung zu setzen. Ob das allerdings die Idee des Eigentümers von X ist, darf bezweifelt werden.
Auch vor diesem Hintergrund sind Community Notes als Teil eines größeren geopolitischen Spannungsfeldes zu sehen. Im Streit zwischen der EU und den USA über die Regulierung von (US-amerikanischen) Tech-Unternehmen rücken die Community Notes ins Zentrum der Auseinandersetzung. Während die US-Administration den DSA als Zensurgesetz brandmarkt, hebt sie zugleich die vermeintlich positive Wirkung von Community Notes hervor. Damit bleibt die Maßnahme ein regulativer Zankapfel, an dem sich größere Konflikte entzünden könnten – nicht zuletzt, weil moderative Eingriffe dadurch minimiert werden. Das Laissez-Faire-Prinzip der Community Notes fügt sich weitaus besser in die strategische Aufstellung der Trump-Administration als in den Anspruch der EU, BürgerInnen mit konkreten Maßnahmen vor Manipulation und Desinformation schützen zu wollen.
Ohne auf ein Ergebnis zu warten, ziehen nun – wie bereits erwähnt – auch andere Plattformen bei den Community Notes nach. Auch für sie gilt: Ob diese als funktionierende Alternativen zum Fact-Checking betrachtet werden können, hängt davon ab, wie das Community-Notizsystem des jeweiligen Anbieters funktioniert. Dies kann sich von Plattform zu Plattform durchaus unterscheiden. Für X zumindest lässt sich festhalten, dass KI zunehmend menschliche Interaktionen zur Einschätzung von Inhalten ersetzen soll. Über kurz oder lang dürften User-basierte Formen der Interaktion daher eine geringere Rolle spielen. Es zeigt auch, dass dieser Community-basierte Austausch und der offene Streit um Fakten nie wirklich im Wertezentrum der rechtslibertären Tech-Eliten standen.
Zitationsvorschlag: Michael Schmidt, Franziska Martini, Maik Fielitz & Christian Donner, »Der Schwarm als Faktenchecker. Community Notes zwischen kollektiver Intelligenz und politischem Lagerkampf«, in: Machine Against the Rage, Nr. 8, Spätjahr 2025, DOI: 10.58668/matr/08.2.
- Siehe Sacha Altay, Manon Berriche & Alberto Acerbi, »Misinformation on Misinformation. Conceptual and Methodological Challenges«, in: Social Media + Society, Nr. 1, Jg. 9 (2023), S. 1–13; sowie Robin Mansell et al., Information Ecosystems and Troubled Democracy. A Global Synthesis of the State of Knowledge on News Media, AI and Data Governance, Report des Observatory on Information and Democracy (Januar 2025), online abrufbar hier.
- Siehe Emma Hoes et al., »Prominent Misinformation Interventions Reduce Misperceptions but Increase Scepticism«, in: Nature Human Behaviour, Nr. 8 (2024), S. 1545–1553. Für einen Überblick siehe Christian Hoffmann & Lena Frischlich, »Welche Maßnahmen stärken Vertrauen in die Integrität von Wahlen?«, auf: Science Media Center Germany, 29. Aug. 2025, online hier.
- Siehe Andreas Jungherr & Adrian Rauchfleisch, »Negative Downstream Effects of Alarmist Disinformation Discourse: Evidence from the United States«, in: Political Behavior, Nr. 4, Jg. 46 (2024), S. 2123–2143.
- Siehe z.B. Pippa Norris, »Cancel Culture: Myth or Reality?«, in: Political Studies, Nr. 1, Jg. 71 (2023), S. 145–174.
- Siehe Maik Fielitz & Marcel Jaspert, »Paradigmen der Plattformpolitik im Umgang mit Hass und Extremismus. Eine chronologische Einordnung«, in: Wissen Schafft Demokratie, Nr. 7, Jg. 14 (2024), S. 106–123; sowie Evelyn Douek, »Content Moderation as Administration«, in: Harward Law Review, Nr. 136 (2022).
- Im Kontext der Verlautbarung Zuckerbergs gab es bald erste Einschätzungen, inwiefern Community Notes Factchecks ersetzen können. Hierbei überwogen kritische Sichtweisen. Siehe z.B. Regina Cazzamatta, »Das Ende von Metas Fact-Checking-Programm. Warum Community Notes professionelle Faktenchecks nicht ersetzen«, auf: WortMelder, 24. Feb. 2025, online hier. Es gab aber auch positivere Lesarten, z.B. Alexander Hohlfeld (2025), »Reclaiming Trust: Why Bottom-Up Approaches Outshine Traditional Fact-Checking«, auf: Substack, 17. Jan. 2025, online hier.
- Siehe Chiara P. Drolsbach, Kirill Solovev & Nicolas Pröllochs, »Community Notes Increase Trust in Fact-Checking on Social Media«, in: PNAS Nexus, Nr. 7, Jg 3 (2024), pgae217..
- Eine Untersuchung der Forschungsabteilung von Twitter fand heraus, dass im Rahmen von Birdwatch Tweets, die von der Community als irreführend markiert wurden, deutlich an Reichweite und Interaktion verlieren – sowohl beim Originalpost als auch bei späteren Falschinformationen derselben Quelle –, was auf eine messbare, aber begrenzte Eindämmung von Desinformation hinweist. Siehe Stefan Wojcik, Sophie Hilgard, Nick Judd, Delia Mocanu, Stephen Ragain, M. B. Fallin Hunzaker, »Birdwatch: Crowd Wisdom and Bridging Algorithms Can Inform Understanding and Reduce the Spread of Misinformation«, auf: arXiv, o.A. (27. Okt. 2022), online abrufbar hier.
- In der Anfangszeit hob Musk das revolutionäre Potenzial von Community Notes heraus und betonte, dass sie für alle gleich gelten: »Community Notes applies equally to every account on this platform without exception, including world leaders & our biggest advertisers«; @elonmusk | 12:04 | 3. Apr. 2023.
- YouTube kündigte im Juni 2024 an, neue »experimentelle Features« zu testen, die es NutzerInnen erlauben, »relevante, zeitnahe und leicht verständliche Informationen zu Videos bereitzustellen«; The YouTube Team, »Testing New Ways to Offer Viewers More Context and Information on Videos«, auf: YouTube Official Blog, 17. Juni 2024, online hier.
- Unter dem Label »Footnotes« kündigte TikTok im Juli 2025 an, die NutzerInnen der Plattformen mit in die Bekämpfung von Falschinformationen einbinden zu wollen; siehe Julia Shapero, »TikTok Turns to Users in Fight Against Misinformation Online«, auf: The Hill, 30. Juli 2025, online hier.
- Bereits 2008 beschrieb der Medienwissenschaftler Clay Shirky, wie Social Media eine Amateurisierung der Kommunikation nach sich zöge, da nun Menschen Inhalte produzieren, veröffentlichen und verbreiten können, ohne dass sie professionell dafür ausgebildet wurden. Diese Entwicklung hat kreatives Potenzial und gesellschaftliche Teilhabe nach sich gezogen, aber auch zu Qualitätsverlust, Fragmentierung und Desinformation geführt, da professionelle Standards und redaktionelle Kontrolle oft fehlen. Siehe Clay Shirky, Here Comes Everybody. The Power of Organizing without Organizations (New York: Penguin Books, 2008). Eine ähnliche (Re-)Amateurisierung ist nun im Bereich des massenbasierten Factcheckings zu vermuten.
- Twitter hatte ursprünglich den (freiwilligen) EU Code of Practice on Disinformation in der Version von 2022 unterschrieben. Nach der Übernahme von Musk hat das Unternehmen die Unterschrift wieder zurückgezogen. Auf Anfrage im EU-Parlament wird nun untersucht, inwiefern Community Notes Fact-Checks ersetzen können. Siehe European Parliament, »Community Notes and Their Role under the Digital Services Act«, Parliamentary question – E-000853/2025, auf: European Parliament, 30. Apr. 2025, online hier.
- Siehe Isaac Slaughter et al., »Community Notes Moderate Engagement With and Diffusion of False Information Online«, auf: arXiv, 18. Feb. 2025, online abrufbar hier; sowie Michelle Bobek & Nicolas Pröllochs, »Community Fact-Checks Do Not Break Follower Loyalty«, auf: arXiv, 15. Mai 2025, online abrufbar hier.
- Siehe Yuwei Chuai et al., »Community-Based Fact-Checking Reduces the Spread of Misleading Posts on Social Media«, auf: arXiv, 13. Sept. 2024, online abrufbar hier.
- Die meisten Studien drehen sich um englischsprachige Community Notes, die sich nicht geographisch eingrenzen lassen. Das heißt, sowohl die UrheberInnen als auch die Kommentierenden sind prinzipiell global zu finden. In deutschsprachigen Kontexten haben wir es fast ausschließlich mit Posts zu tun, deren Account-InhaberInnen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz kommen. Dies spiegelt sich auch in den Themen und Kommunikationsweisen wider. Entweder gibt es einen regionalen Bezug zu den Themen oder internationale Entwicklungen werden aus einer spezifisch nationalen Brille kommentiert. Davon unterscheiden sich erkennbar die Inhalte und Dynamiken von englischsprachigen Community Notes mit Hinblick auf eine stärkere Kohärenz im Kommentierverhalten.
- X spricht stets von der Bekämpfung von »misleading information« und der Steigerung von »information accuracy«.
- Die Daten zu den Community Notes werden von X öffentlich zur Verfügung gestellt. Der komplette Datensatz von X umfasst 2.006.674 Community Notes, welche zwischen dem 28.01.2021 und 22.07.2025 verfasst wurden. Davon haben wir mittels Spracherkennung 48.149 deutschsprachige Community Notes herausgefiltert, die sich auf 32.148 Posts beziehen. Nach verschiedenen Bereiningungsschritten reduzierte sich der Untersuchungsgegenstand auf 22.545 Posts und 35.508 Community Notes. Eine detaillierte Erklärung zur Datenerhebung und Aufbereitung ist im methodischen Anhang zu finden.
- »Anleitung für Kollektive Anmerkungen«, auf: X, o.A., online hier.
- Siehe Keith Coleman, »Introducing Birdwatch, a Community-Based Approach to Misinformation«, auf: X Blog, 25. Jan. 2021, online hier.
- Siehe Wolfgang Stojetz et al., »Institutional Trust in the Time of Corona. Evidence from Countermeasures in Germany«, WIDER Working Paper, Nr. 2024/14, März 2023, online abrufbar hier.
- Siehe Katherine Clayton et al., »Real Solutions for Fake News? Measuring the Effectiveness of General Warnings and Fact-Check Tags in Reducing Belief in False Stories on Social Media«, in: Political Behavior, Nr. 4, Jg. 42 (2020), S. 1073–1095.
- Siehe María Luengo & David García-Marín, »The Performance of Truth. Politicians, Fact-Checking Journalism, and the Struggle to Tackle COVID-19 Misinformation«, in: American Journal of Cultural Sociology, Nr. 3, Jg. 8 (2020), S. 405–427.
- Neben diversen rechtsalternativen Medien hat etwa die Zeitung Die Welt mehrere Kritiken gegen Fact-Checking-Organisationen – insbesondere den an der Tagesschau angedockten Faktenfinder – veröffentlicht. Siehe dazu Jörg Phil Friedrich, »Die Faktenfinder – und ihre zweifelhaften Fakten«, in: Die WELT, 3. März. 2021, online hier; sowie Axel Bojanowski, »Tagesschau-Faktenprüfer leugnen Klimawandel-Fakten«, in: Die WELT, 7. Feb. 20223, online hier.
- Siehe z.B. Mason Walker & Jeffrey Gottfried, »Republicans Far More Likely than Democrats to Say Fact-Checkers Tend to Favor One Side«, auf: Pew Research Center, 27. Juni. 2019, online hier.
- Siehe Marcel Jaspert, »Are You Making Trump Great Again? Trump darf fortan auch wieder auf Facebook und Instagram hetzen«, auf: NEOVEX-Blog. 16. März. 2023, online hier.
- Siehe Reuters, »EU Tells Elon Musk to Hire More Staff to Moderate Twitter«, in: Financial Times, 7. März 2023, online hier. Siehe auch @CommunityNotes | 12:42 | 15. Okt. 2023.
- Siehe Laura Kolodny, »Elon Musk Has a Problem With X’s Community Notes When He Disapproves of the Results«, auf: CNBC, 21. Feb. 2025, online hier.
- Die Anzahl mag zunächst hoch erscheinen. Bei 400 Millionen NutzerInnen und durchschnittlich 500 Millionen Tweets pro Tag ist der Anteil aber verschwindend gering.
- Community Notes, die mit dem Hinweis »Benötigt mehr Bewertungen« versehen sind, werden nicht öffentlich angezeigt. Community Notes, die mit dem Hinweis »Benötigt mehr Bewertungen« versehen sind, werden nicht öffentlich angezeigt. Community Notes mit dem Hinweis »Derzeit als hilfreich eingestuft« werden hingegen öffentlich unter den entsprechenden Posts angezeigt. Die Beispiele zeigen außerdem, dass auch über bereits als hilfreich bewertete Community Notes weiterhin von den TeilnehmerInnen abgestimmt werden kann. Dadurch kann sich der Veröffentlichungsstatus sogar noch einmal ändern.
- Zum Prinzip der Bewertung ist es wichtig zu verstehen, dass alle Community Notes mit dem Status »Needs More Ratings« starten. Wenn mindestens fünf Stimmen abgegeben worden sind, errechnet der Bewertungsalgorithmus, ob die Notiz hilfreich ist oder nicht, oder ob weitere Abstimmungen notwendig sind. In der Folge kann ein vergebener Status durch weitere Abstimmungen auch fluktuieren. Das sorgt mitunter für Verwirrung, wenn eine Community Note erst angezeigt und dann wieder unsichtbar wird. Der Algorithmus ist komplex, was die Nachvollziehbarkeit der Bewertung erschwert. NutzerInnen, die einen Post geliked oder retweeted haben, werden nachträglich über eine Community Note informiert. Laut X erfolgt die Einschätzung »unterschiedlicher Sichtweisen« ausschließlich auf Basis von »Bewertungen, die Personen in der Vergangenheit für Anmerkungen abgegeben haben. Community Notes fragen keine weiteren Informationen ab und verwenden auch keine anderen Daten (z.B. demografische Angaben wie Standort, Geschlecht oder Parteizugehörigkeit, oder Daten von X wie die Anzahl der FollowerInnen oder Beiträge). Dem liegt die Annahme zugrunde, dass Mitwirkende, die dieselben Anmerkungen ähnlich bewerten, wahrscheinlich ähnliche Sichtweisen haben – und dass Mitwirkende, die dieselben Anmerkungen unterschiedlich bewerten, wahrscheinlich unterschiedliche Sichtweisen haben. Wenn Personen, die normalerweise bei ihren Bewertungen nicht übereinstimmen, sich dennoch einig sind, dass eine bestimmte Anmerkung hilfreich ist, deutet das darauf hin, dass die Anmerkung für Menschen mit unterschiedlichen Perspektiven hilfreich ist.« Siehe »Vielfältige Sichtweisen«, auf: X, o.A., online hier.
- Dr. Regina Cazzamatta Spinola Costa, »Das Ende von Metas Fact-Checking-Programm. Warum Community Notes professionelle Faktenchecks nicht ersetzen können«, auf: WortMelder,:24. Feb. 2025, online hier.
- Hierunter versteht X insbes. Bildmaterialien, bspw. Deep Fakes.
- Siehe Rozina Sabur, »The Left Has Taken Over Wikipedia and Stripped It of Neutrality, Says Co-Creator«, in: Telegraph, 16. Juli 2021, online hier.
- Siehe @lsanger | 12:18 | 8. Aug. 2025.
- Siehe Jürgen Pfeffer, Daniel Matter & Anahit Sargsyan, »The Half-Life of a Tweet«, auf: arXiv, 11. Apr. 2023, online abrufbar hier.
- Das methodische Vorgehen ist hier im Anhang beschrieben.
- Siehe z.B. »Faktencheck bei dpa«, auf: dpa, 2024, online hier.
- Accounts, die sich politisch nur zu einem Thema äußern (z.B. Krieg in Gaza/Israel, Corona), sowie Organisationen und Parteien mit einem spezifischen Ziel/Interesse wurden als Ein-Themen-Akteure eingeordnet.
- Das methodische Vorgehen ist im Anhang beschrieben.
- Emilie de Keulenaar, »From Twitter to X: demotion, community notes and the apparent shift from adjudication to consensus-building«, auf: SSRN, 1. März 2025, online hier.
- Es existieren zwei Metriken, die durch die Aktivitäten der NutzerInnen beeinflusst werden. Der sog. Rating Impact spiegelt wider, wie häufig die Stimmen eines Teilnehmenden beigetragen haben, eine Community Note als hilfreich oder nicht hilfreich zu identifizieren. Der Einfluss steigt, wenn die Bewertung mit dem Status der Community Note übereinstimmt, und sinkt, wenn sie gegensätzlich ist. Erst ab einem Rating Impact von fünf ist es überhaupt möglich, Community Notes zu verfassen. Der Writing Impact sagt hingegen aus, wie oft ein/e TeilnehmerIn eine Community Note verfasst hat, die als hilfreich bewertet wurde. Ab einem Writing Impact von zehn und einer Quote mindestens vier Prozent hilfreichen Anmerkungen erreichen TeilnehmerInnen einen besonderen Status, der sich durch einige Privilegien auszeichnet. Bspw. ist es dann möglich, Community Notes zu Bildern und Videos zu verfassen, die in mehreren Posts sichtbar sind. Beide Kennzahlen sind öffentlich im Profil der TeilnehmerInnen einsehbar.
- X versucht, ein paar wenige Gamification-Elemente in ihrem Rating-System unterzubringen, um das Schreiben von Community Notes bei speziellen Formaten zu ermöglichen. So dürfen bspw. Top Poster auf Videos reagieren. Die Community Notes werden dann für alle Posts angezeigt, die diese Videos teilen. Siehe »Community Notes Guide«, auf: X, o.A., online hier.
- Die Funktionsweise des Bridging Algorithmus wird in Fußnote 31 ausführlich beschrieben.
- Laut unseres Regressionsmodells erhöht die Einstufung einer Community Note als hilfreich die Wahrscheinlichkeit für das Verfassen einer weiteren Community Note signifikant (siehe methodischer Annex).
- Siehe Hanna Klein, »Faktencheck durch Community. Warum das bei Wikipedia klappt – und bei Social Media nicht«, auf: Wikimedia Deutschland, 21. Jan. 2025, online hier.
- José van Dijck, The Culture of Connectivity. A Critical History of Social Media (New York: Oxford Academic, 2013), S. 134.
- Siehe Dana Rotmann et al., »Motivations Affecting Initial and Long-Term Participation in Citizen Science Projects in Three Countries«, in: iConference 2014 Proceedings, 2014, S. 110–124.
- In seinem ersten Tweet, den Musk zu Community Notes verfasste, äußerte er sich wie folgt: »The community notes feature is awesome. Our goal is to make Twitter the most accurate source of information on Earth, without regard to political affiliation«; @Elon Musk | 14:26 | 2. Nov. 2022.
- Siehe Carl Miller, »Elon Musk Embraces Twitter’s Radical Fact-Checking Experiment«, auf: Wired, 28. Nov. 2022, online hier.
- Für genauere Erklärungen zur Kodierung der Community Notes verweisen wir auf den methodischen Annex.
- Housekeeping Notes können sich gegen jede andere Form der vorgestellten Typen von Community Notes richten. Es geht zunächst nicht darum, ob diese moderierenden Anmerkungen angemessen sind. Es ließe sich argumentieren, dass die Housekeeping Notes auch eine Form des Factcheckings sind. Allerdings betrifft dies nicht den Post selbst, sondern nur eine Reaktion darauf; und sie sind auch nicht zur Veröffentlichung vorgesehen, weshalb mit deutlich weniger sachdienlichen Community Notes in der Gesamtschau gerechnet werden muss.
- Dass auffällig häufig Housekeeping Notes an die Regeln von Community Notes erinnern, ist prinzipiell eine wichtige Eigenschaft von Communitys, die Regeln und Routinen einüben, insbesondere in Ermangelung weiterer Foren zum Austausch. Zugleich zeigt es, dass es einen hohen Anteil von potenziell missbräuchlichen Korrekturen in den Community Notes gibt, die von dem Programm so nicht vorgesehen sind.
- Vgl. »Answer Given by Executive Vice-President Virkkunen on Behalf of the European Commission«, Parliamentary question – E-000853/2025(ASW), auf: European Parliament, 30. Apr. 2025, online hier.
- X testet derzeit ein Feature, bei dem auch KI-Bots über eine API Community Notes verfassen können. Es können nur Posts annotiert werden, bei denen andere NutzenInnen eine Anmerkung angefragt haben. Siehe dazu Eva-Maria Weiß, »Als Moderation: X will Community Notes von KI verfassen lassen«, auf: Heise online, 7. Juli 2025, online hier.