Entering the Engine Room
MATR startet eigenen Wissenschaftsblog

»Die digitale Welt ist voll von Schmetterlingseffekten. Rasend schnell können sich Diskurse verändern, zuspitzen oder abdriften – nicht selten ausgelöst durch einzelne Interaktionen. Da fällt es vielen schwer, den Überblick zu behalten. Um dennoch einen kühlen Kopf zu bewahren, sind Analysen notwendig, die diese Prozesse auf breiter Datengrundlage erfassen und eine kritische Distanz zum Geschehen wahren.« Mit diesem Anspruch ging im im Juni 2022 das wissenschaftliche Online-Magazin Machine Against the Rage (MATR) an den Start.
Konzipiert als Trendreport der Bundesarbeitsgemeinschaft »Gegen Hass im Netz« (R.I.P.), bereiteten wir quartalsweise aktuelle Entwicklungen in rechtsalternativen und verschwörungsideologischen Milieus auf, die im Nachklang der Pandemie einflussreich geworden waren. Mit unserer datengestützten Forschung etwa zu digitaler Protestmobilisierung, Monetarisierungstrategien und zum Videoaktivismus in jenen Milieus, aber auch zu ihren visuellen Kommunikationspraktiken mit Memes und KI-Bildern konnten wir manche Impulse setzen.
Next Level: Von MATR 1.0 zu MATR 2.0
Als Forschungsstelle hinter dem Magazin hatten wir aber stets auch den Anspruch, die diskursiven Resonanzkörper zu untersuchen, an denen sich digitaler Hass aufbaut. Dieser formiert sich eben nicht kontextlos, sondern ist auch als Teil von Polarisierungsdynamiken zu verstehen. Einige solcher ko-konstitutiven Faktoren konnten wir anhand verschiedener digitaler Debatten rekonstruieren, so etwa rund um die Themen Querfront und Brandmauer, aber auch in Analysen zum Prinzip der böswilligen Interpretation, zu Problemen des Kontextkollaps und zu moralischen Paniken im digitalen Lagerkampf.
Wir nahmen also verstärkt die Interaktionsdynamiken in den Blick, entlang derer sich Prozesse der Polarisierung und Radikalisierung vollziehen. Denn wir sind überzeugt, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen digitalen Phänomenen, die die Demokratie herausfordern, und der Art, wie über bestimmte Themen, aber auch diese Phänomene selbst gestritten wird. Hierbei spielt die Architektur des digitalen Austauschs eine zentrale Rolle, prägt sie doch die Kommunikation zwischen den verschiedenen politischen Milieus entscheidend.
In kaum einem Problemfeld zeigt sich dies so deutlich wie in Debatten über digitalen Hass und Desinformation. Die Forschung zu diesen schillernden Konzepten wie auch der Streit um diese werden zentrale Bezugspunkte in der kommenden Phase von MATR sein, das ab jetzt als Online-Magazin für digitale Konfliktforschung firmiert. Dabei setzen wir umso mehr auf eine Kombination aus Data Science, (diskursiver) Netzwerkanalyse und kritischer Sozialforschung, um mit methodischer Vielfalt relevante Dynamiken und Muster des politischen Konflikts im Digitalen zu analysieren.
New Feature: Unser Blog
Mit der Einführung des Engine Room gehen wir nun den ersten Schritt des Relaunchs unseres Projekts. Der Blog ergänzt fortan das Magazin, das zwar weiter mit den gewohnten Rubriken erhalten bleibt, aber nunmehr nur noch halbjährlich erscheinen wird. Damit wollen wir vor allem schneller auf aktuelle Entwicklungen reagieren können. Und zugleich wollen wir unseren LeserInnen neue Formate anbieten, die niedrigschwelliger und kurzweiliger funktionieren. Neben wichtigen Nachrichten rund um das Projekt finden sich im Blog v.a. fünf Beitragstypen:
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- Insights: Analysen zu aktuellen Entwicklungen im Untersuchungsfeld.
- Recaps: Zusammenfassungen eigener Forschungsarbeiten.
- Overviews: Diskussionen aktueller Forschungsfragen und des Forschungsstands.
- Reviews: Rezensionen zu interessanten Wissenschaftsbeiträgen.
- Hottakes: Meinungsbeiträge zu aktuellen forschungsrelevanten Themen.
Eine weitere Neuerung von MATR ist, dass wir nun auch verstärkt externe Beiträge aufnehmen – sowohl im Magazin als auch im Blog. Damit sollen Forschungsdebatten besser abgebildet und Diskussionen zu wichtigen Fragen gefördert werden. Auch möchten wir dabei weniger beachtete Positionen sichtbarer machen und neuen Ideen wie auch kritischen Debatten Raum geben. Den digitalen Konfliktdimensionen wollen wir uns so interdisziplinär annähern, damit wichtige Impulse sowohl für die Forschung als auch für die Praxis gesetzt werden können.
Next Stop: Hard Launch
Die nächste Ausgabe des Magazins erwartet Sie Mitte Oktober. In ihr setzen wir uns u.a. mit der Frage auseinander, inwiefern das Konzept der Community Notes ein geeignetes Instrument gegen Desinformation ist. Wir verbinden die Veröffentlichung der Ergebnisse mit einer Relaunch-Party, zu der wir Sie herzlich nach Jena einladen möchten. Um auf dem Laufenden zu bleiben, laden wir Sie, liebe Leserin, lieber Leser, dazu ein, unseren Newsletter zu abonnieren. In der Zwischenzeit wünschen wir viel Vergnügen mit der Lektüre der Blog-Beiträge, die wir in Kürze zu veröffentlichen beginnen.
Maik Fielitz ist Konfliktforscher, der insbesondere zu den Themen Rechtsextremismus und Digitalisierung arbeitet. Er ist Mitgründer von MATR und leitet das Forschungsprojekt, einschließlich der Vernetzung in Wissenschaft und Zivilgesellschaft.