Stellvertretend schuldig
Antisemitismus auf YouTube nach dem Anschlag in Washington

Vor rund einem Monat, am 21. Mai 2025, wurden Yaron Lischinsky und Sarah Milgrim vor dem Capital Jewish Museum in Washington, D.C., erschossen. Der 30-jährige israelisch-deutsche Diplomat und die 26-jährige US-Amerikanerin, beides Angestellte der israelischen Botschaft, hatten kurz zuvor an einer Veranstaltung des American Jewish Committee teilgenommen. Der mutmaßliche Täter, Elias Rodriguez (31) aus Chicago, wurde noch am Tatort festgenommen. ZeugInnen berichten, er habe dabei »Free, free Palestine!« gerufen. Inzwischen stufen die US-Behörden die Tat offiziell als antisemitisch motivierten Anschlag ein.
Doch der Hass endete nicht am Tatort. In den Kommentarspalten großer englischsprachiger YouTube-Kanäle zeigte sich ein digitaler Nachhall, der tief blicken lässt: Anstelle von Anteilnahme dominierten Häme, Spott und offene Feindseligkeit. So erklärten einige Kommentare die Opfer zu legitimen Zielen von Gewalt aufgrund der israelischen Politik, verharmlosten das Geschehen oder spotteten über jedwede Anteilnahme. Andere wiederum ergingen sich im Verschwörungsdenken. So insinuierten manche Kommentare gar, die Tat sei inszeniert worden.
Die Reaktivierung des Judenhasses
Diese Reaktionen fanden sich nicht bloß in extremistischen Ecken des Internets, sondern füllten die Kommentarspalten etablierter Medienkanäle des politischen Mainstreams. Sie deuten auf eine gefährliche Normalisierung antisemitischer Narrative hin, wobei insbesondere die moralische Umdeutung antisemitischer Gewalt als logische Folge behaupteten Unrechts herausragt. Aber auch (verschwörungstheoretische) Anspielungen auf klassische antisemitische Topoi, verborgen im Gewand vermeintlicher Israelkritik, sind auffällig.
Frühere Studien aus dem Projekt Decoding Antisemitism zeigen, dass sich judenfeindlicher Hass im digitalen Raum nicht allein spontan entlädt, sondern sich aus tief verankerten kulturellen Deutungsmustern speist, die in Momenten politisch-medialer Eskalation reaktiviert werden.[1] Das gilt insbesondere in digitalen Umgebungen, deren algorithmische Logik auf maximale Aufmerksamkeit zielt und dadurch affektgeladene, polarisierende Inhalte begünstigt. Die Übergänge von sprachlicher Entmenschlichung zu realer Gewalt sind fließend. Soziale Medien fungieren dabei nicht nur als Resonanzraum, sondern auch als Katalysator antisemitischer Mobilisierung.
Nicht nur im US-Kontext, aber dort besonders wird jüdische Sichtbarkeit häufig als strukturelle Dominanz jüdischer oder israelischer Interessen gewertet. Nicht selten erfolgt das mit Bezug auf Debatten über Rassismus, Kolonialismus und soziale Gerechtigkeit. Vor allem durch linke Diskurse entsteht so ein eigenartiges Gemisch, bei dem antisemitische Stereotype mit dem Vokabular antikolonialer und/oder antirassistischer Kritik verwoben werden. Begriffe wie complicity, white adjacency oder victimhood narrative dienen hier nicht selten der Delegitimierung jüdischer Perspektiven – insbesondere dann, wenn sie (vermeintlich) im Zusammenhang mit Israel stehen.
Vom Einzelfall zur systematischen Analyse
Um den digitalen Nachhall der Tat genauer zu untersuchen, hat Decoding Antisemitism ein Korpus von insgesamt 1.600 Kommentaren erstellt und analysiert, die im unmittelbaren Nachgang der Tat gepostet wurden. Sie umfassen jeweils 200 Kommunikate aus dem Kommentarbereich von acht international stark frequentierten YouTube-Kanälen, die die Tat in einem Video thematisierten.[2] Die quantitative Auswertung dieser Kommentare zeigt einen zwar variierenden, aber generell hohen Anteil antisemitischer Inhalte.
Am höchsten war dieser Anteil bei Al Jazeera English (66 Prozent), wo besonders häufig Verschwörungsmythen auftauchten und Schuldumkehr betrieben wurde. Bei Times News waren 54 Prozent der Beiträge antisemitisch geprägt, oft in Form von Relativierung, Spott oder zynischen Memes. Auch bei CTV News lag der Anteil mit 50 Prozent hoch; hier dominierten Kommentare, die die Tat als »Vergeltung« legitimiert sehen wollten. Bei BBC News und The Guardian liegt der Wert bei 42 bzw. 40 Prozent, mit starker Präsenz klassischer antisemitischer Erzählungen. Bei Sky News (40 Prozent) waren befürwortende Kommentare auffällig, während Forbes (28 Prozent) und LiveNow from Fox (24 Prozent) zwar niedrigere Werte aufwiesen, aber dennoch auffällige Muster enthielten.[3]
Im Folgenden werden die Ergebnisse der Analyse mehr im Detail dargestellt. Sie zeigen exemplarisch, wie Antisemitismus – ob offen oder codiert – im digitalen Raum artikuliert wird, welche semantisch-pragmatischen Strategien dabei zur Anwendung kommen und wie sich sprachliche Eskalation und gesellschaftliche Normalisierung zunehmend überschneiden. Fünf Muster lassen sich dabei ausmachen:
1. Verschwörungsmythen und False-Flag-Narrative
Ein signifikanter Teil der analysierten Kommentare versucht, die Verantwortung für die Tat umzudeuten, sie also weg vom Täter und hin zu jüdischen oder israelischen Akteuren zu schieben. Klassische antisemitische Verschwörungserzählungen werden dabei auf das aktuelle Geschehen übertragen. Typische Kommentare lauteten etwa:[4]
- »Sie töten ihre eigenen Leute und lügen darüber. Oder erfinden einfach Zahlen.« (BBC News)
- »MOSSAD-Drehbuch.« (Al Jazeera English)
- »Elias ist ein jüdischer Name.« (Al Jazeera English)
- »Waren die Israelis vielleicht von der tanzenden Sorte?« (Al Jazeera English)
- »Offenbar 100.000 enthauptete Babys, ne?« (BBC News)
Diese Aussagen operieren mit einer diskursiven Täter-Opfer-Umkehr: Die jüdischen Opfer werden zu Tätern erklärt oder der Anschlag gar als inszeniertes Ereignis dargestellt, etwa mit Bezug auf den ›jüdischen Namen‹ des Täters. Die Kommentare greifen auf zum Teil jahrhundertealte antisemitische Mythen zurück, die hier in politisierter Form weiterleben. Aber auch neuere Mythen werden in ironisch codierter Form aufgegriffen, so zum Beispiel durch Anspielungen auf tanzende Israelis (9/11) oder getötete Babys (10/7).[5]
2. Instrumentalisierung von Antisemitismus
Ein zweites erkennbares Muster: Die Rhetorik richtet sich nicht primär gegen die Opfer selbst, sondern gegen deren Umfeld – insbesondere gegen jüdische Stimmen, die Trauer zeigen oder Antisemitismus benennen. Die zentrale Unterstellung lautet: Jüdinnen und Juden nutzten das Ereignis strategisch aus, um Aufmerksamkeit oder moralische Deutungshoheit zu erlangen. Antisemitismus erscheint in dieser Lesart nicht als reale Gewaltstruktur, sondern als Mittel symbolischer Macht.
- »Das Gejammer wird lauter.« (Times News)
- »Ist das das Emoji für ›Oi wei‹?« (Times News)
- »Sie brauchten wohl mal wieder einen Schub in Sachen Opferrolle.« (Al Jazeera)
Solche Aussagen arbeiten oft mit memetischer Verkürzung, Ironie und einem zynischen Unterton. Sie deuten jüdische Betroffenheit als übertrieben oder inszeniert – und ignorieren dabei die reale antisemitische Bedrohungslage. In digitaler Form erfährt diese altbekannte Rhetorik eine neue Konjunktur: pointiert, entkontextualisiert und massenhaft reproduzierbar.
3. Affirmation und Rechtfertigung von Gewalt
Zahlreiche Kommentare gehen über die Delegitimierung jüdischer Anteilnahme hinaus und verteidigen den Anschlag offen. Die Tat erscheint als nachvollziehbare, teils gerechtfertigte Reaktion auf Israels Politik. Hier wird die Verantwortung vollständig vom Täter auf die Opfer verschoben. Wer beruflich, ethnisch oder symbolisch mit Israel assoziiert wird, gilt als legitimes Ziel.
- »Niemand ist frei, solange wir nicht alle frei sind. Free Palestine.« (Guardian News)
- »Israel beruflich zu unterstützen, bedeutet, ein Risiko bewusst in Kauf zu nehmen.« (CTV News)
- »Kann man wirklich unschuldig sein, wenn man für die israelische Regierung und ihre Kriegsmaschinerie arbeitet?« (Guardian News)
- »Ihr unterstützt Kindermord und Soldaten in Windeln.« (CTV News)
- »Mittäterschaft ist gefährlich. Nur mal so.« (CTV News)
Besonders auffällig ist der Einsatz visueller Marker wie des umgedrehten roten Dreiecks: ein Symbol, das ursprünglich von der Hamas verwendet wurde, um etwa IDF-Soldaten vor ihrer Ermordung digital zu kennzeichnen.[6] In den sozialen Medien wird es zunehmend verwendet, um Menschen mit Israel-Bezug zu stigmatisieren. Aufgrund seines Ursprungs kann es als indirekter Gewaltaufruf interpretiert werden. Auch die Parole »Free Palestine« verliert in solch einem Kontext ihre Ambiguität: nicht nur, weil sie vom Täter selbst gerufen wurde, sondern weil sie zu einer Chiffre für antisemitisch aufgeladene Gewaltverharmlosung geworden ist.[7]
4. Die Vorstellung von Israels Alleinschuld
Ein weiteres zentrales Muster der rhetorischen Täter-Opfer-Umkehr findet sich darin, dass die Verantwortung für den Anschlag nicht dem Täter, sondern Israel zugeschrieben wird – oder wahlweise »den Zionisten«, »den Besatzern« oder »der Kriegsmaschinerie«. Die Tat wird nicht nur rein politisch gelesen, es wird hier auch ein Terrorakt gegen Botschaftsmitarbeiter als verständliche Reaktion auf das militärische Vorgehen der israelischen Regierung in Gaza interpretiert.
- »Durch Völkermord radikalisiert.« (LiveNow from Fox)
- »Gebt Satanyahu die Schuld.« (Sky News)
- »Und was ist mit den 60.000 – ja, sechzigtausend – getöteten Menschen in Palästina!!!!« (Sky News)
- »Ach, da ist das Drama schon wieder …!!! Ihr weint wegen zwei Menschen – und was ist mit den Kindern in Gaza? Hört endlich mit dem Schauspiel auf, die ganze Welt kennt inzwischen die Wahrheit.« (Guardian News)
- »Stell dir vor, du begehst einen G E N O Z I D und glaubst trotzdem, das Opfer zu sein … ERBÄRMLICH!« (Times News)
Solche Aussagen fokussieren allein auf die vom Täter gezogene Verbindung der Tat mit dem israelisch-palästinensischen Konflikt, während antisemitische Beweggründe nicht einmal in Betracht gezogen werden. Dadurch dass die Opfer in ein globales Schuldnarrativ eingebettet werden, erscheint der Täter weniger als Akteur, sondern seine Tat als logische Folge behaupteten Unrechts. Die antisemitische Struktur liegt hier nicht im offenen Hass, sondern in der selektiven Empathieverweigerung. Jüdisches Leid wird so als moralisch illegitim markiert.
5. Holocaustverharmlosung und Antisemitismusleugnung
Ein letztes Muster verweist auf die tiefe Verankerung antisemitischer Tropen, insbesondere in Bezug auf die Shoah. Die Reaktionen reichen von ironischer Relativierung über implizite Tätervergleiche bis hin zur Leugnung aktueller antisemitischer Gewalt. Der Holocaust wird dabei nicht erinnert, sondern als strategisch eingesetztes Argument karikiert. Zum Teil wird dabei über jüdisches Gedenken gespottet und die Shoah zur rhetorischen Übertreibung stilisiert: eine Form von Holocaustverharmlosung, die den historischen Bezugsrahmen entwertet.
- »Zwei Tote? Oder gleich sechs Millionen?« (Guardian News)
- »Das war kein Antisemitismus« (LiveNow from Fox)
- »Offensichtlich keine Verbindung zu Hamas, Elias Rodriguez ist ja nicht mal Palästinenser. Dennoch könnten die verrückten Medien diesen Angriff eher als antisemitischen Akt deuten« (Guardian News)
- »Nach einem zweijährigen Livestream-Völkermord in Palästina, verübt von den israelischen Streitkräften, werden nun israelische Offizielle getötet – und dann haben sie die Dreistigkeit zu behaupten, es bestehe keinerlei Zusammenhang und es handle sich bloß um einen antisemitischen Akt??? Wer bitte ist so naiv, das zu glauben??« (Sky News)
- »Der Typ war halt wütend, weil die USA ihre Steuergelder nutzen, um Israel mit Bomben zu versorgen.« (CTV News)
Bei der Deutung des Anschlags fällt auf, dass die antisemitische Symbolik des Tatorts – ein jüdisches Museum – unerwähnt bleibt. Die Identität der Opfer wird ignoriert. Die Kommentare bemühen sich, den Anschlag als rein individuellen Akt zu deuten – ohne politischen Bezug, ohne antisemitischen Kontext, ohne ideologische Einbettung. So wird aus gezielter Gewalt ein vermeintlich entpolitisierter Affekt. Der Begriff »Antisemitismus« wird in dieser Lesart nicht als analytische Kategorie verstanden, sondern als angeblicher Kampfbegriff jüdischer Akteure – instrumentalisiert, um Kritik an Israel zu delegitimieren. Auch hier wird Empathie verweigert, das Gewaltgeschehen rhetorisch entmoralisiert und der antisemitische Charakter der Tat verschleiert.
Diskursive Normalisierung antisemitischer Gewalt
Die Analyse antisemitischer Reaktionen auf den Anschlag zeigt: Was sich in den Kommentarspalten internationaler YouTube-Kanäle vollzieht, ist keine einfache Provokation, sondern Ausdruck wiederkehrender Diskursmuster. In fünf zentralen Varianten – von klassischen Verschwörungsmythen über Empathieverweigerung bis hin zur Shoah-Relativierung – wird antisemitische Gewalt rhetorisch entlastet, relativiert oder sogar legitimiert.
Dabei treten diese Narrative nicht immer in Form offener Hassrhetorik auf. Häufig erscheinen sie ironisch gebrochen, visuell codiert oder eingebettet in das Vokabular politischer Kritik. Doch gerade diese Codierung macht sie wirkmächtig: Sie entziehen sich automatisierten Erkennungsroutinen, tarnen sich als legitime Meinung und normalisieren sich im Meinungsstrom großer Plattformen.
Auffällig ist zudem die semantische Arbeitsteilung: Der Täter wird entmoralisiert, die jüdischen Opfer werden entindividualisiert. So verschwindet der antisemitische Gehalt der Tat aus dem Diskurs – nicht durch Leugnung, sondern durch Bedeutungsverschiebung. Der Begriff »Antisemitismus« wird in diesem Rahmen selbst zur umkämpften Kategorie: er ist nicht mehr analytisches Werkzeug, sondern eine ideologisch motivierte Zuschreibung.
Emanzipatorisch verklärte Gewaltlegitimation
Die untersuchten Kommentare zeigen keinen Randdiskurs, sondern einen weit verbreiteten Reflex der digitalen Öffentlichkeit. Der jüdischen Gemeinschaft wird das Recht auf Leidensbekundung abgesprochen; ihre Stimmen geraten unter den Generalverdacht der Instrumentalisierung. Antisemitische Gewalt erscheint nicht als Angriff, sondern als Reaktion. Die Diskursordnung kippt – nicht durch einzelne Ausreißer, sondern durch die kumulative Wirkkraft antisemitischer Deutungsmuster.
Zunehmend formiert sich dabei ein ideologisches Amalgam, das antisemitische Ressentiments in die Sprache anti- und postkolonialer Kritik kleidet. Was in den USA längst breite Teile des linken Diskurses durchdrungen hat, zeigt sich auch im deutschsprachigen Raum immer deutlicher: die Gleichsetzung Israels mit einem kolonialen oder imperialistischen Projekt des Judentums – und in der Folge eine Rhetorik, die Jüdinnen und Juden im Allgemeinen und Israelis im Besonderen als nicht schutzwürdig konstruiert. Zwar unterscheiden sich die antisemitischen Muster in Deutschland – abhängig von sozialen und politischen Milieus – von denen in den USA oder Großbritannien, doch durch die globale Vernetzung digitaler Öffentlichkeiten geraten sie zunehmend in Austausch.
Das Resultat ist eine gefährliche Hybridisierung antisemitischer Narrative: ein transnationales Potpourri aus Feindbildern und Schuldzuschreibungen, das in seiner neuen Mischung besonders anschlussfähig wirkt – vor allem in den sozialen Medien. Diese Form scheinbar emanzipatorischer Gewaltlegitimation trägt dazu bei, antisemitische Hassrede im digitalen Raum nicht nur zu normalisieren, sondern moralisch aufzuwerten. Die Folgen für die öffentliche Debattenkultur – und für die Sicherheit jüdischen Lebens – dürften auch hierzulande gravierend sein.
Dr. Matthias J. Becker ist Postdoc Researcher an der University of Cambridge und Senior Research Advisor beim New Yorker Thinktank AddressHate. Seit 2020 leitet er das Forschungsprojekt Decoding Antisemitism, das antisemitische Online-Hassrede analysiert.
Fußnoten
[1] Siehe die Diskursreports Nr. 1–6 von Decoding Antisemitism (online hier); sowie Matthias J. Becker u.a. (Hg.), Antisemitism in Online Communication. Transdisciplinary Approaches to Hate Speech in the Twenty-First Century (Cambridge: Open Books Publishers, 2024); online abrufbar hier.
[2] Die Datenerhebung erfolgte am 21./22. Mai 2025 mithilfe des Tools MAXQDA 2024. Untersucht wurden Kommentare unter den Videos folgender Kanäle: (1) BBC News, (2) The Guardian, (3) Forbes Breaking News, (4) Sky News, (5) CTV News, (6) Times News, (7) LiveNow from Fox, (8) Al Jazeera English. Die Analyse beruht auf einer Kombination qualitativer (linguistischer, multimodaler und sequenzanalytischer) und quantitativer Verfahren zur Erfassung antisemitischer Muster.
[3] Die YouTube-Clips, auf die sich die Kommentare beziehen, wurden wenige Tage nach ihrer Veröffentlichung gelöscht. Sämtliche Inhalte wurden zuvor mit MAXQDA gesichert. Die Daten liegen der Redaktion vor.
[4] Die Beispielkommentare wurden aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt. Die Originalzitate liegen der Redaktion vor.
[5] Die Anspielung auf ›tanzende Israelis‹ basiert auf einer Verschwörungstheorie, die nach den Anschlägen vom 11. September 2001 kursierte: Fünf israelische Männer sollen die brennenden Türme gefilmt und dabei gejubelt haben, was von manchen als angeblicher Beweis für jüdische Mitwisserschaft oder gar Täterschaft gedeutet wurde. Die Bezugnahme auf die »enthaupteten Babys« wiederum verweist auf Berichte, wonach beim Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 auch israelische Säuglinge ermordet wurden. Die Berichte wurden in Teilen der Öffentlichkeit – insbesondere in antiisraelischen Kreisen – als »Propaganda« oder »Falschmeldung« diffamiert, häufig ohne Berücksichtigung des Gesamtgeschehens.
[6] Das rote Dreieck wurde ursprünglich in nationalsozialistischen Konzentrationslagern verwendet, um politische Gefangene zu kennzeichnen – darunter viele Kommunisten, Sozialdemokraten und andere Regimegegner. In jüngerer Zeit wurde es erstmals prominent von Hamas-nahen Accounts auf Telegram, Instagram und X (Twitter) eingesetzt, wo es dazu diente, angebliche oder tatsächliche Angriffsziele der Hamas zu markieren. Das Symbol erschien etwa über Porträts von israelischen SoldatInnen, PolitikerInnen oder zivilen Personen, kombiniert mit Begriffen wie »next« oder »target« – also als visuelle Markierung geplanter Gewalt. In diesem Kontext fungiert es als eine Art digitaler Pranger: Es ruft zur Gewalt auf, dehumanisiert die Abgebildeten und ist Teil der psychologischen Kriegsführung der Hamas.
[7] Siehe dazu die Studie »Celebrating Terror. Antisemitism Online After the Hamas Attacks on Israel« von Decoding Antisemitism (online hier).